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Kunst:Offen mit schönen Überraschungsmomenten

Ich besuche so gerne die Ateliers anderer und schnacke so gerne mit den Künstlern über's Sein als solche(r) und fahre meist beseelt und sehr inspiriert wieder in mein eigenes Atelier.

2012 hatte ich es auch mal geöffnet. Über 400 Besucher kamen und so habe ich ein großes Verständnis für die Aussteller an diesen Tagen...  auch für die weniger Besuchten und das Gefühl des Wartens auf Besucher.

 

Nun bin ich auf dem Fischland unterwegs und das dolle neugierig. Bevor ich einen Haken über's Festland schlage und dann über die Meiningenbrücke und den Zingst wieder zurück nach Prerow komme. 

 

Die FDZ-Aussteller sind sehr gezählt und ich frage mich, warum. Vor einigen Jahren besuchte ich noch im Rahmen des Offenen Ateliers Carola Pieper mit ihren tollen Segelbootbildern. Ich werde irgendwann herausfinden, warum sie diesmal nicht dabei ist. 

Genauso wie ich unbedingt herausfinden will, warum sich diese einstige Künstlerszene heute so gefühlt gar nicht fortführen lässt... also ich bin der Meinung, dass es so ist... weil Galerie- und Museumsseitig eher wenig Einheimisches gefördert und gezeigt wird. Ahrenshoop zeigt viel Kunst... aber entweder aus längst vergangenen Tagen der Künstlerkolonie oder herangereiste Künstler.

 

Wustrow präsentiert hin und wieder auch aktuelles Schaffen, in der Wiecker Arche sind übersichtlich viele Insel-Schaffende vertreten, Zingst kokettiert überwiegend mit Fotografie, Born zeigt aktuell immerhin Theodor Schultze-Jasmer - der ja eigentlich nach Prerow gehört - apropos Prerow... Prerow hat das Darß-Museum mit Dauer- und Wechselausstellungen und könnte doch auch so viel mehr aus seiner Vergangenheit schöpfen und Kunstschaffende in andere Räume locken. Zum Beispiel in die leider verfallende Vogels Warte

 

Naja. Frau Mundt hat in Eigeninitiative mit ihrem Künstlerhaus einen Anfang gemacht, sie habe ich ja neulich besucht. Und bin noch immer begeistert.

Genauso, wie ich auch noch immer von meiner eigenen "Verwirklichungsplattform" auf dem Darß träume. 

 

Aber heute interessiert mich doch mal, wie es beim Ahrenshooper Bürgermeister Hans Götze aussieht. Er malt und zeichnet und ich habe ihn schon sowohl am Strand, als auch in verschiedenen Fernsehberichten dabei gesehen. Nun die Chance auf den Blick hinter die Kulisse - ich mag hinter-die-Kulisse-Blicke sehr! 

Ich komme an und erlebe den Überraschungsmoment de luxe: Herr Roloff (re), der Prerower Bürgermeister, ist auch da. 

Mäuschenartig tauche ich in die Grafiken des Herrn Götze ein. Viele schwarz/weiß Zeichnungen, überwiegend heimische Motive nach alter Schule - Katen, Kirchen, Landschaften... Ist-Aufnahmen nach und nach verloren gehender Substanz. Prima! Ich stehe auf einmal im Atelier eines Mannes, der, wenn auch nicht ganz meine Generation, doch irgendwie den Geist von einst lebt und fortführt. Ein Glücksmoment für mich. Habe ich doch unterstellt, es würde eine solche Strömung nicht mehr geben.

Und es kommt noch besser!

Die beiden Herren diskutieren nicht etwa die Inselpolitik, sondern vertiefen sich in gegenseitigen Bildbesprechungen und die Planung eines gemeinsamen Malevents. Oder mehrerer. Und ich erfahre im Zuge dessen, dass Götze mit der Berliner VHS zusammen arbeitet und regelmäßig Berliner Gruppen in Ahrenshoop unterrichtet. In der Strandhalle. Toll! Ich bin auch Dozentin der Berliner VHS und finde diese Kooperation auch für mich sehr interessant.   

Roloff, der mit seinem Bruder in sechster Generation (seit 1832) die traditionellen Darßer Haustüren in der Familientischlerei fertigt, hört aufmerksam zu. 

Und ich höre zwischen den Zeilen, dass Roloff selber gerne malt und zeichnet und überhaupt das kulturelle Leben in Prerow viel weiter voran treiben möchte, als es unter den aktuellen politischen Bedingungen gerade machbar ist. Im nächsten Jahr sind Neuwahlen und sollte er noch einmal Bürgermeister werden, wird er wohl energischer gegen seine Gegner agieren. Bisher waren andere Themen oft auch wichtiger. 

 

Klasse! Ich verlasse dieses Atelier richtig beschwingt und freue mich über all die neuen Informationen, die ich mitnehmen darf. 

 

Von dort fahre ich über Ribnitz-Damgarten quasi am Bodden entlang und besuche die Ateliers auf dem Weg. Entdecke Schönes und Interessantes, aber es ist eben - gemein!! - die andere Boddenseite und ich merke einmal wieder, wie FDZ-verbunden ich doch bin. 

 

Gen Meiningenbrücke dann auf einmal Stau! Ach! Das habe ich ja bisher nie erlebt! Und sehe schnell, die Brücke ist hoch geklappt, um die höheren Boote hindurchfahren zu lassen. Wunderbar, das habe ich noch nicht gesehen. Im Sommer wird dieses "Tor" viermal täglich geöffnet, zweimal am Tagesbeginn, zweimal zum Ende. Spannend! 

 

Richtig spannend wird es aber jetzt! Die Galerie im "Brückenhaus Zingst" direkt vor der Brücke hat geöffnet. Auch neu für mich. Ich kenne sie nur geschlossen im Vorbeifahren. Von Mai bis Oktober ist sie wohl jeden Samstag auf... und heute endlich werfe auch ich einen Blick hinter diese hohe Hecken-und Torkulisse. Und bin baff. Keine Ahnung, was genau ich erwartet habe, aber ganz sicher nicht diese Fülle! Wahrscheinlich, weil ich bisher immer etwas Lebendigkeit hier vermisste.

Dann ist schon das Hereinkommen sehr herzlich - sowohl in der Einfahrtsgestaltung, als auch im Empfang. Frau Ruth Maria Tiedge lebt seit 30 Jahren hier und findet es toll. Ich unterstelle den perfekten Blick aus der oberen Etage des Hauses und sie lächelt nur tief glücklich. JA! Sie geniesst es. Fährt allerdings zum Einkaufen lieber nach Barth als Zingst, vor allem im Sommer, weil sie dann kaum über die Straße kommt, "der Autoverkehr ist schon heftig". 

Dann muss ich sie unbedingt fragen, woher sie kommt. Sie berlinert, sächselt, noch irgendwas... ich kann es einfach nicht einordnen! Wieder lächelt sie - sie sei quasi eine "Wandernomadin" gewesen. Ihre Eltern sind oft und mehrfach umgezogen und so hat sie aus jeder Region etwas Dialekt mitgenommen. Lustig, sowas habe ich noch nicht gehört. 

Nun aber in die Galerie. Ich gestehe ihr spontan, nach irgendwelchen Worten ringend, dass ich nicht der "bunt-Typ" bin und sie fühlt sich gleich an ihre Tochter erinnert. Die sei es auch nicht. Puh. Glück gehabt. 

Sie malt im Nachbarraum, wo nicht minder viele Bilder hängen, vor allem aber Pferde! Pferde für die kleinen Mädchen. "Die wollen doch immer nur Pferde!" sagt sie und lacht.  

Ich verabschiede mich, als auch schon die nächsten Besucher kommen und finde richtig schön, nun endlich einfach zu wissen, wie es hier so aussieht und dass hier ganz und gar ganz viel buntes Leben stattfindet. Sehr freundlich und seeehr schaffend!